Eilpost aus Wien – NEU! NEU! NEU! bei Kremayr & Scheriau

Jungmaier_Das TortenprotokollZipfel_Eine Handvoll RosinenFuchs_Wir zerschneiden die SchwerkraftIlitcheva_183 Tage

 

 

 

 

 

Heute geht es bunt und frisch und aufregend zu beim Hotlistblog, der sich freut, eine komplett neue Literaturreihe auf einen Streich anzukündigen. An dem Schritt in die Welt der Literatur versuchen sich immer wieder Verlage, die sich bis dahin weiträumig dem Sachbuch und seinen Artverwandten gewidmet haben. So auch der Verlag Kremayr & Scheriau aus Wien in seiner über sechzigjährigen wechselvollen Verlagsgeschichte, der jetzt diesen Schritt mit großem Tamtam tut. Programmatisch sei das ein wenig „back to the roots“ heißt es von Seiten des Verlegers Martin Scheriau. Es gab neben den gesellschaftlichen und politischen Themen und den Ratgebern stets auch Ausflüge in die Literatur mit Schwenks hin zu Krimis. Oft stecken die Lust auf etwas Neues, Neugier oder eine Profilschärfung hinter einer neuen Schiene, dem Verleger habe in diesem Fall die Literatur schlicht gefehlt.

Jetzt blickt man bei Kremayr & Scheriau stolz auf das Ergebnis eines bewusst inländischen Ausschauhaltens nach junger, ambitionierter und eigensinniger Literatur. Vier innen wie außen prächtige Debütbände dreier Autorinnen und eines Autors sind nun Inhalt dieses hochsommerlichen „Literatur-Startpakets“, samt neuem Reihenlogo. Es richte seinen Blick „auf die vielfältigen Stimmen österreichischer Gegenwartsautoren, das Spiel mit der Sprache und ungewöhliche Sichtweisen auf die Welt“. Zu entdecken sind vier Solitäre, die von Rosinen, Torten, vom Anderssein und vom Rückzug erzählen und dafür ihre je eigene ästhetische Form finden. Wir wünschen ein beglückendes Einanderkennenlernen. Erscheinungstermin aller vier Titel ist der 17. August 2015.

Jungmaier_Das TortenprotokollMarianne Jungmaier : Das Tortenprotokoll

„Ein Roman über Sprachlosigkeit und Fremdsein in der Familie.
Der Tod der Großmutter lässt Friederike in ihren Heimatort zurückkehren. Dort hat sich wenig verändert: ein Elternhaus ohne Worte, emotionale Kälte, Familienmitglieder, die ihren Schmerz mit Rationalität betäuben. Der Tod hat in diesem Haus keinen Platz. Während der Vorbereitungen zum Begräbnis sucht Friederike mit ihrer Jugendliebe Tobias im Haus der Großmutter nach Erinnerungen und Geborgenheit. Unter nutzlos gewordenen Dingen findet sie ein altes Protokollheft, das neben Tortenrezepten auch den Hinweis auf ein anderes Leben enthält, eines, von dem niemand weiß.
Marianne Jungmaier hat die Sprache zu ihrem Werkzeug gemacht. Mit ihren Worten lässt sie ganze Welten entstehen, die eine unglaubliche Sogwirkung haben. Ein beeindruckendes Romandebüt über das österreichische Rezept, sich die Vergangenheit und deren Schmerz mit Torten und Tascherln vom Leib zu halten.“ (Kremayr & Scheriau 2015)

  • Marianne Jungmaier: Das Tortenprotokoll. Wien: Verlag Kremayr & Scheriau 2015. 208 Seiten. 19,90 Euro.

 

Zipfel_Eine Handvoll RosinenDaniel Zipfel : Eine Handvoll Rosinen

„Ludwig Blum ist ein rechtschaffener Mann. Er glaubt an die Gesetze. An den Staat. An die Gerechtigkeit. Als Fremdenpolizist in Traiskirchen, dem größten Flüchtlingslager Österreichs, leistet er Hilfe, wo er kann, und unterlässt sie, wo ihm die Hände gebunden sind. Bis es um die Abschiebung von Aram Khalil geht und im Zuge einer Betreuungskrise
Hunderte Flüchtlinge auf der Straße schlafen müssen. Da beginnt Ludwig Blum an den Gesetzen zu zweifeln und daran, ob die Welt eine gerechte ist. In diesem Moment begegnet er dem afghanischen Schlepper Nejat Salarzai, der ihm auf brutale Weise eine andere Art der Ordnung vor Augen führt.
Daniel Zipfel ist seit vielen Jahren Asylrechtsberater. Dementsprechend realistisch zeichnet er in seinem beeindruckenden Romandebüt das bizarre Bild einer untragbaren und hochaktuellen Situation, die alle Beteiligten an ihre Grenzen führt. Fernab jeglicher Klischees zeigt er ambivalente Figuren, die ein klares Urteil unmöglich machen. (s. o.)

  • Daniel Zipfel: Eine Handvoll Rosinen. Wien: Kremayr & Scheriau 2015. 240 Seiten. 19,90 Euro.

 

Fuchs_Wir zerschneiden die SchwerkraftIrmgard Fuchs : Wir zerschneiden die Schwerkraft

„Ein Roman über den Zweifel an der Welt und an der eigenen Daseinsberechtigung. Klem schickt Sehnsuchtsbotschaften per Silvesterrakete zu den Sternen. Ein alter Mann flüchtet in seinen Koffer und treibt mit diesem durchs All. P. Gruber zerpflückt im Zuge mehrerer Bewerbungsschreiben sein Leben und am Ende bleibt nur eine Insel.
Es ist die Frage nach der eigenen Daseinsberechtigung, die in den Erzählungen von Irmgard Fuchs immer wieder auftaucht. Die Figuren zweifeln an sich selbst, an der Wirklichkeit und an der Welt im Allgemeinen. Sie haben ihre Schwerkraft verloren, gewinnen dadurch allerdings eine Freiheit, die es ihnen erlaubt, anders zu sein.
Irmgard Fuchs beeindruckt durch ihren genauen Blick und ihren eigenwilligen Ton, der poetisch und leicht, verträumt und ironisch zugleich ist. In ihren Erzählungen versetzt sie die Welt in eine Schieflage: Alltägliches kippt ins Groteske, das Groteske wirkt plötzlich
ganz normal. (s. o.)

  • Irmgard Fuchs: Wir zerschneiden die Schwerkraft. Wien: Kremayr & Scheriau 2015. 208 Seiten. 19,90 Euro.

Ilitcheva_183 Tage

Ianina Ilitcheva : 183 Tage

„Ein Selbstversuch: 183 Tage schließt sich Ianina Ilitcheva von fast allen Interaktionen weg. Kein Kontakt mit
Freunden und Bekannten. Keine Anrufe. Keine E-Mails. Keine Textnachrichten. Sie begibt sich in ein soziales Exil und zieht sich zurück in ihr Inneres, neugierig, an den äußersten Rand des Alleinseins zu gelangen. Sie hat einen genauen Fahrplan, Regeln, die sie einzuhalten hat, aber trotzdem kommt alles anders als erwartet. 333 Notizen, 183 Fotografien, Selbstporträts, Illustrationen, Gedichte und Tagebucheinträge erzählen persönlich, ungebremst und ungeschönt von diesen Tagen des Rückzugs. Die Stimme der Autorin ist laut und leise, traurig und  überschwänglich, poetisch und sachlich, und sie erzählt mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Sprachgewalt von den großen und kleinen Dingen des Lebens: „Meine größte Angst ist, dass mir eine Möwe auf den Kopf scheißt.“ (s. o.)

  • Ianina Ilitcheva: 183 Tage. Wien: Kremayr & Scheriau 2015. 288 Seiten, 32 Transparentseiten. 29,90 Euro.

 

Senta Wagner