Lyrik kann ja schwer wiegen und trotzdem leicht wie eine Feder in der Hand liegen. Die vierzehn Gedichte in dem Bändchen Zu Ende gebaut ist nie tun genau das. Die in Wien lebende Sabine Gruber („Ich bin eine Europäerin mit deutscher Muttersprache“) legt nun in der Saison der Kirschblüte beim Innsbrucker Haymon Verlag nach über zehn Jahren ihren zweiten Gedichtband vor, was belohnt wird mit einer bibliophilen Veredelung: Broschur mit Aktenstichheftung, kartoniert, auch Papier, Satz und Typografie überzeugen.
Die Sprachkünstlerin wurde bisher vor allem für ihren „souverän komponierten“ Roman Stillbach oder Die Sehnsucht (2011) von den Lesenden und der Presse gewürdigt.
Gedichte habe sie aber schon immer geschrieben und hält sich an das Zitat von Joseph Brodsky, wonach die Lyrik die Zuchtmeisterin der Prosa sei. So findet man kaum Adjektive und sonstigen Schmuck in den schön komponierten Versen, vielmehr sind sie reduziert auf kleinste sprachliche Einheiten. So kann die Sprache atmen und leuchten.
„Schlicht und zugleich höchst kunstvoll: Die Gedichte von Sabine Gruber bestechen ebenso wie ihre Romane durch sprachliche Präzision und feine Lakonie. Mit einfachen Mitteln entlockt Gruber den Augenblicken des Alltags ihre poetische Kraft. In dezenten Versen bringt sie auf den Punkt, was ihr Blick einfängt, und verwandelt wie mühelos die Welt in Worte: „Die Sprache schneit, unablässig schweigt sie / Neues hervor, wirbelt an den Rändern“.“ (Text: Haymon Verlag 2014)
Vermessen
Der kartographierte Himmel entfällt
Deinen Händen. Über uns glühen
Stand-by-Lichter. Nichts ist glaubhaft,
Sagst du. Erst wenn die letzten
Batterien leer sind, haben wir
Mitunter Glück. Vermessen sind
Wir und messen. Was uns
Gehört, nimmt uns die Sprache.
(aus: Gruber, Zu Ende gebaut ist nie)
- Sabine Gruber: Zu Ende gebaut ist nie. Gedichte. Innsbruck: Haymon Verlag 2014. 24 Seiten. 16,90 Euro. Nummeriert und signiert, 26,90 Euro.
Foto: sw (Sabine Gruber, Rauris 2014)
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